Brief an Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock anlässlich der zunehmenden Gewalt gegenüber Palästinensern

Herrn Bundeskanzler Olaf Scholz

Frau Außenministerin Baerbock

Betreff: zunehmende Gewalt in Israel/besetzte Gebiete gegenüber Palästinensern, befeuert durch die neue rechtsradikale Regierung

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, sehr geehrte Frau Außenministerin,

Sie haben sicher von dem Pogrom israelischer Siedler gegen den palästinensischen Ort Huwara gehört, bei dem viele Häuser und Autos verbrannt wurden und ein Mensch zu Tode kam. Dies war möglich, weil die israelische Armee und Polizei nicht rechtzeitig und effektiv eingriff, obwohl der Angriff der Siedler erwartet worden war.

Dieser von einem israelischen Offizier ‚Pogrom’ genannte Angriff ist der traurige Höhepunkt einer Serie von Gewalt, die bisher zu vielen Toten auf beiden Seiten geführt hat und deren Ursprung in der permanenten jahrelangen Unterdrückung der Palästinenser liegt und in der Missachtung des Völkerrechts und der Menschenrechte durch Israel. Dies ist auch möglich, weil die USA im Sicherheitsrat immer ihr Veto gegen Beschlüsse eingelegt haben, die Israel verurteilen und zum Umlenken auffordern, und weil Deutschland und die EU dem gefolgt sind und somit eine Mitverantwortung dafür haben, dass Israel seit 1967 de facto jahrelang ungestört völkerrechtswidrige Siedlungen errichten konnte, dass seitdem tausende palästinensische Häuser und andere Gebäude abgerissen worden sind, dass die Landenteignungen weitergehen und 800.000 Olivenbäume zerstört wurden – um nur einige Fakten zu nennen. B’tselem oder Amnesty International haben das alles ausführlich dokumentiert.

Die jetzige rechtsextreme Regierung lehnt nicht nur die 2-Staaten-Lösung ab – genauso wie alle Likud-Koalitionen – sondern hat aufgrund der Macht der Siedlerparteien die Annexion von Teilen der Westbank im Programm, die mit einer Vertreibung der Palästinenser einhergeht. Prominente Mitglieder der rechtsextremen israelischen Regierung haben die Gewalt der Siedler gegen die Palästinenser legitimiert und sich offen dazu bekannt, noch mehr palästinensisches Land zu erobern. Bezalel Smotrich, Israels Finanzminister, erklärte unumwunden, dass „das Dorf Huwara ausgelöscht werden muss“, und der Minister für Nationale Sicherheit, Itamar Ben-Gvir, stimmte dem zu.

Die Genfer Konventionen sind eindeutig: Siedlungen sind illegal und als Besatzungsmacht hat Israel die Pflicht, die Menschen unter der Besatzung zu schützen. Trotzdem sind die Palästinenser seit Jahrzehnten Opfer der israelischen Staatsgewalt. Es gibt keinen Schutz für das Leben und die Lebensgrundlagen der Palästinenser.

Drittstaaten, also auch Deutschland sind verpflichtet, in Fällen schwerer Verletzungen der Menschenrechte und des Völkerrechts einzugreifen. Jahrzehntelange Untätigkeit, die zumindest eine stillschweigende Billigung dieser Verstöße darstellt, hat Israel ermöglicht, weiterhin Siedlungen zu bauen, massenhaft Palästinenser zu inhaftieren, und jeden Widerstand mit exzessiver Gewalt zu unterdrücken.

Es ist mehr als an der Zeit, diese Straffreiheit zu beenden und Israel zur Rechenschaft zu ziehen, wie es die internationalen Vereinbarungen erfordern.

Konkrete Maßnahmen, einschließlich rechtmäßiger Sanktionen, sind die einzige Möglichkeit, Israel zur Einhaltung des Völkerrechts, zur Beendigung der Menschenrechtsverletzungen und zur Gewährleistung des Schutzes der Palästinenser zu zwingen.

Solche Maßnahmen sollten ein beidseitiges Militärembargo, Reiseverbote für diejenigen, die für Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen verantwortlich sind (z. B. Staatsbeamte und Siedler), ein Verbot des Handels mit illegalen Siedlungen, die Beendigung von Kooperationsabkommen in allen Bereichen (einschließlich Polizei, Handel, Überwachung und Nachrichtendienst, Gasbeschaffung, gemeinsame wissenschaftliche Projekte), die Unterlassung gemeinsamer Kabinettsitzungen mit verurteilten Rechtsradikalen und Volksverhetzern, und die aktive Unterstützung der Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofs umfassen.

Mit freundlichen Grüßen,

Claus Walischewski, Koordinationskreis Israel Palästina

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